Josef Pröll und sein „Projekt Österreich“: Die verpasste Chance der ÖVP

Zur Grundsatzrede von Finanzminister Josef Pröll, 15. Oktober 2009

Pröll hielt eine einstündige Rede über die politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen in Zeiten der Krise mit einem besonderen Fokus auf Wirtschaft und Finanzen. Viele Kommentatoren meinen, er habe zu bestimmten Themen mutig und ehrlich Position bezogen. In seiner Rede hörten wir das Wort solidarisch.

Als VP-Obmann hat Pröll weite Teile der wirtschaftspolitischen Positionen seiner Partei ausgeführt. Schade, dass er das Thema Migration und die Rolle der Migranten z. B. in der Erhaltung des Pensionssystems total ausgeklammert hat. In seinem langen Kapitel über Pensionsregelung und Harmonisierung hätte er einen neuen, längst überfälligen Weg aufzeigen können.

Die nackte Wahrheit schaut so aus: Die jetzigen Pensionisten werden von dem Geld „bezahlt“, das die Arbeitgeber im Moment einbezahlen. Meine Pension wird demnach von meinen Kindern und Enkelkindern bezahlt werden. Das größte Problem in Österreich? Dieses System basiert auf ewigem Bevölkerungswachstum. Experten meinen, Österreich habe eine Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau. 2,1 wären notwendig, um die Bevölkerungszahlen zu stabilisieren und unser Sozialsystem somit langfristig zu sichern.

Pröll klammert diese einfachen Fakten aus. Er erwähnt das Thema Migration in seinem „Projekt Österreich“ mit keinem Wort, geschweige denn, dass er die Gunst der Stunde genützt hätte, einen differenzierten Diskurs einzuleiten. Er und seine ÖVP überlassen „Migration“ weiterhin den Rechten und extremen Rechten aller Parteien. Und die überreichen Früchte, die ihnen mit einem sachlichen, konstruktiven Weg in diesem Bereich in den Schoß hätten fallen können. Grüß Gott Wien 2010.

Simon Inou
Journalist, Geschäftsführer M-Media

Béatrice Achaleke
Preisträgerin des World Diversity Innovation Award 2009; Vorstandsvorsitzende von Black European Women’s Council

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